„Ich wünsche mir, dass HOERBIGER ein Unternehmen bleibt, in dem Menschen mit Freude und Stolz arbeiten.“

Seit 2016 präsidiert Dr. Andreas Hünerwadel die HOERBIGER Stiftung, die gemeinsam mit der Familiengesellschafterin Christiana Hörbiger Eigentümerin des Konzerns ist. Im Interview spricht er über die Gründung und Rolle der Stiftung sowie die personellen Überschneidungen im Stiftungs- und Verwaltungsrat und erklärt, warum er froh ist, dass sich beim HOERBIGER Konzern in den vergangenen Jahren nicht alles verändert hat.
Die HOERBIGER Stiftung ist seit 1989 aktiv. Können Sie uns etwas über ihre Geschichte erzählen?
Dr. Andreas Hünerwadel — Die HOERBIGER Stiftung wurde 1982 von Frau Martina Hörbiger, der damaligen Alleineigentümerin und Geschäftsführerin von HOERBIGER, gegründet. Martina Hörbiger, die Ehefrau von Alfred Hörbiger und Schwiegertochter von Gründer Hanns Hörbiger, übernahm nach dem Tod ihres Mannes 1945 die operative Leitung des Unternehmens. Ihrer Weitsicht und unternehmerischen Leistung ist es zu verdanken, dass HOERBIGER heute in unterschiedlichen Bereichen tätig und international aufgestellt ist.
Die Stiftung wurde mit der klaren Intention gegründet, die Unabhängigkeit und das langfristige Bestehen des Konzerns zu sichern. Nach dem Tod von Martina Hörbiger im Jahr 1989 wurden 50 Prozent der Aktien von HOERBIGER in die HOERBIGER Stiftung mit Sitz in der Schweiz eingebracht. Da Martina Hörbiger kinderlos war, vermachte sie die anderen 50 Prozent je hälftig zwei ihrer Nichten – eine ist die heutige Familiengesellschafterin Frau Christiana Hörbiger.
Der damalige Stiftungs- und Verwaltungsrat hat dann über Jahre das weitverzweigte Unternehmen in eine klassische Holding umgewandelt und damit den Grundstein des heutigen HOERBIGER Konzerns gelegt. Im Zuge dieser Umstrukturierung kaufte die Stiftung schrittweise weitere Anteile auf. Heute verfügt die Familiengesellschafterin Christiana Hörbiger nach wie vor über 25 Prozent und die Stiftung über 75 Prozent der Aktien am HOERBIGER Konzern.
„Die Stiftung fungiert wie eine Versicherung für die Zukunft des HOERBIGER Konzerns. Die jährlichen Dividenden verbleiben größtenteils in der Stiftung, um finanzielle Reserven für unvorhergesehene Herausforderungen oder Chancen aufzubauen.”
Welchen Stiftungszweck hat die HOERBIGER Stiftung heute?
AH — Es ist der gleiche Auftrag, der schon bei der Gründung festgelegt wurde: Die Stiftung sichert die Eigenständigkeit des HOERBIGER Konzerns und ermöglicht langfristiges, nachhaltiges Handeln. Der Stiftungsrat ist der „Guardian of Long-term Thinking“, also der Hüter des langfristigen Denkens. Zudem fördert die Stiftung das Wachstum durch Innovation, indem sie Forschung und Entwicklung innerhalb des HOERBIGER Konzerns unterstützt. Und sie übernimmt Verantwortung für die Mitarbeitenden, insbesondere durch die Förderung ihrer beruflichen Weiterbildung.
Was sind aus Ihrer Sicht die Vorteile und Nachteile einer solchen Eigentümerschaft für einen Konzern?
AH — Die Stiftung fungiert wie eine Versicherung für die Zukunft des HOERBIGER Konzerns. Die jährlichen Dividenden verbleiben größtenteils in der Stiftung, um finanzielle Reserven für unvorhergesehene Herausforderungen oder Chancen aufzubauen. Damit stellt die Stiftung sicher, dass der Konzern langfristig eigenständig bleibt und nachhaltig wachsen kann.
Ein weiterer Vorteil ist die Stabilität, die wir als langfristig denkende Eigentümer ermöglichen. Ich bezeichne HOERBIGER immer als Familienunternehmen ohne die üblichen Probleme, die ein traditionelles Familienunternehmen hat. Bei uns gibt es keine wechselnden Eigentümerstrukturen oder Erbstreitigkeiten, die Unruhe ins Unternehmen bringen.
Eine Herausforderung ist, dass wir als Stiftung die Vorzüge des Kapitalmarktes nicht nutzen können. Entsprechend müssen wir die Mittel für unser Wachstum größtenteils selbst erarbeiten. Zudem entfällt auch der externe Druck, dem börsennotierte Unternehmen ausgesetzt sind und der eine Organisation auch sehr oft positiv antreibt.
Und wie gehen Sie damit um?
AH — Der fehlende externe Druck der Kapitalmärkte bedeutet, dass die Stiftung an den Konzern hohe Erwartungen stellen muss. Um sicherzustellen, dass der Konzern leistungsfähig bleibt, haben wir deshalb eine klare Eigentümerstrategie definiert. Diese umfasst Grundsätze wie die Diversifikation auf mindestens drei starke Geschäftsfelder, klare Wachstums- und Profitabilitätsziele sowie eine Begrenzung der Verschuldung.

Dr. Andreas Hünerwadel mit Christiana Hörbiger, Familiengesellschafterin und Vizepräsidentin des Stiftungsrates der HOERBIGER Stiftung.
„Die Stiftung fungiert wie eine Versicherung für die Zukunft des HOERBIGER Konzerns. Die jährlichen Dividenden verbleiben größtenteils in der Stiftung, um finanzielle Reserven für unvorhergesehene Herausforderungen oder Chancen aufzubauen.“
Es gibt personelle Überschneidungen in Stiftungsrat und Verwaltungsrat. Können Sie uns erklären, weshalb das so ist?
AH — Die personellen Überschneidungen zwischen Stiftungsrat und Verwaltungsrat sind bewusst gewählt, um eine einheitliche strategische Ausrichtung zu gewährleisten. Unsere Analyse hat gezeigt, dass in anderen Stiftungsunternehmen eine Trennung beider Gremien manchmal zu widersprüchlichen Zielen geführt hat. Um das zu vermeiden, wurde festgelegt, dass die Mehrheit des Stiftungsrates im Verwaltungsrat vertreten ist und dort die Mehrheit bildet.
Wie ist die Rollenverteilung zwischen Verwaltungsrat und Stiftungsrat?
AH — Unsere Aufgabe als Stiftungsrat ist es, eine gute Unternehmensführung auszuwählen und sicherzustellen, dass die Unternehmensführung in Ruhe arbeiten kann und über die notwendigen Mittel verfügt, um die Erwartungen der Eigentümer zu erfüllen.
Der Verwaltungsrat, der auch mit erfahrenen Markt- und Technologieexperten besetzt ist, ist für die strategische Führung, die Konzernleitung für die operative Führung des Konzerns verantwortlich.
Wie funktioniert die Zusammenarbeit konkret?
AH — Der Verwaltungsrat und die Konzernleitung genießen innerhalb der in der Eigentümerstrategie festgelegten Rahmenbedingungen einen großen Handlungsspielraum, um den Konzern strategisch und operativ erfolgreich zu führen. Zentrale Entscheidungen, insbesondere größere Investitionen oder Akquisitionen, müssen mit den Eigentümern abgestimmt werden. So bewahren wir die unternehmerische Freiheit des Konzerns, setzen aber gleichzeitig klare Leitplanken für eine nachhaltige und langfristig erfolgreiche Entwicklung.
Die Stiftung unterstützt auch direkt Projekte, die dem Konzern zugutekommen. Können Sie uns konkrete Beispiele nennen?
AH — Die Stiftung unterstützt zum einen die gezielte Stärkung der technologischen Kompetenz innerhalb des Konzerns, insbesondere bei strategisch wichtigen Zukunftstechnologien. Ein Beispiel dafür ist die langjährige Partnerschaft mit der Johannes Kepler Universität (JKU) in Linz. Am JKU HOERBIGER Research Institute for Smart Actuators forschen wir gemeinsam mit Dr. Florian Poltschak, dem Institutsdirektor, und seinem Team an Lösungen für zukünftige Systeme, in denen intelligente Bewegung neu gedacht wird. Die Unterstützung durch externe Forschungskapazität ist für die Innovationskraft des Konzerns ein entscheidender Erfolgsfaktor.
Mit der Gründung der Stiftung sind wir gemeinsam mit der heutigen Familiengesellschafterin Frau Christiana Hörbiger in die Fußstapfen der Unternehmerfamilie Hörbiger getreten. Sowohl für Frau Hörbiger als auch für die Stiftung ist klar, dass wir damit die Verantwortung nicht nur für das Familienunternehmen, sondern auch für das Familienerbe übernommen haben. Deshalb setzen wir uns in Partnerschaft mit dem Technischen Museum Wien für die Bewahrung und die professionelle Aufbereitung der Unternehmensgeschichte ein. Wir spüren deutlich, dass in der heutigen Zeit die Herkunft und die Historie eines Unternehmens für die Mitarbeitenden, Partner und Kunden eine zentrale Rolle spielen.
Sie sind seit 2009 im Stiftungsrat engagiert. Wie hat sich Ihrer Meinung nach der HOERBIGER Konzern in dieser Zeit verändert?
AH — Der Konzern hat sich in dieser Zeit in verschiedenen Bereichen erheblich weiterentwickelt. So wurde zum Beispiel die Führung des Konzerns auf allen Ebenen professionalisiert. Gleichzeitig hat sich das Geschäftsportfolio verändert. Weniger zukunftsträchtige Geschäftsfelder wurden abgegeben, während der Konzern gezielt in technologisch anspruchsvolle Bereiche investiert hat. Dadurch hat sich das technologische Niveau von HOERBIGER kontinuierlich erhöht, was sich auch auf das Kundenportfolio ausgewirkt hat.
Was sich glücklicherweise nicht verändert hat, ist die besondere Unternehmenskultur, die HOERBIGER auszeichnet. Trotz seiner globalen Präsenz bleibt der Konzern ein familiengeprägtes Unternehmen, in dem jede einzelne Person etwas bewegen kann. Diese starke Identifikation und das Zugehörigkeitsgefühl der Mitarbeitenden sind nach wie vor ein prägendes Element.
Der HOERBIGER Konzern feiert in diesem Jahr seinen 130. Geburtstag. Wenn Sie einen Wunsch für die Zukunft des Konzerns frei hätten, welcher wäre das?
AH — Mein Wunsch für die Zukunft des HOERBIGER Konzerns ist, dass wir die laufende Transformation erfolgreich abschließen. Insbesondere geht es darum, Herausforderungen in traditionellen Industrien wie der Verbrennungsmotorindustrie oder in der Ölbranche zu bewältigen und gleichzeitig ein zusätzliches, starkes Standbein in einem zukunftsgerichteten Markt aufzubauen. So stellen wir sicher, dass wir langfristig profitabel und breit aufgestellt bleiben – ganz im Sinne unseres Stiftungszwecks.
Ebenso wünsche ich mir, dass HOERBIGER ein Unternehmen bleibt, in dem Menschen mit Freude und Stolz arbeiten. Vom Stiftungsrat über den Verwaltungsrat und die Konzernleitung bis hin zu den Mitarbeitenden auf allen Ebenen soll die Begeisterung für HOERBIGER spürbar bleiben. Denn das ist die Basis für unseren langfristigen Erfolg – und somit ein entscheidender Faktor für das Ziel, unseren Auftrag als Stiftung erfolgreich umzusetzen.